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Adieu Werbetracker - Google will individualisierte Werbung einstellen
Diese Meldung schlägt ein wie eine Bombe, nicht nur bei digitalen Werbefachleuten. Denn Google will in Zukunft keine Werbeanzeigen mehr schalten, die Besucher anhand ihres Surfverhaltens websiteübergreifend tracken können.
Jeder kennt das. Irgendwo, irgendwann, auf irgendeiner Website hat man sich mal für Gartenzwerge interessiert und ganz egal, auf welchen Plattformen man unterwegs ist, wird man nun mit Werbeangeboten für Gartenzwerge terrorisiert. Auf komplett anders gelagerten Webseiten, in Shopping-Portalen aber insbesondere auch bei Facebook - die weltumspannenden Werbemonopole und die enge Verzahnung z.B. zwischen Google und Facebook machen es möglich.
Damit soll nun Schluss sein, obwohl gerade diese Werbeform für Advertiser als besonders attraktiv gilt - immerhin können anhand der gemessenen Interessen tatsächlich personalisierte Anzeigen ausgespielt werden. Die daraufhin folgenden Klicks und Aktionen machen digitale Werbung hochgradig messbar - ein Traum für Werbetreibende.
Doch was bewegt Google dazu, sich plötzlich Gedanken umd die Privatsphäre von Milliarden Internet-Surfen zu machen? Google-Manager David Temkin kündigt im hauseigenen "Ads & Commerce Blog" jedenfalls an, nach dem Ende der Tracking-Cookies von Drittanbietern keine alternativen Technologien mehr entwickeln zu wollen, die Nutzer verfolgen können. Weil sich diese Nutzer eben auch tatsächlich verfolgt fühlten. Temkin spricht gar von einer "Erosion des Vertrauens", wenn ein "Wildwuchs an individuellen Nutzerdaten" bei Tausenden von Unternehmen geführt werde - ein Umstand, an dem seine Firma nicht ganz unschuldig ist.
Tatsächlich haben 72 Prozent der Menschen das Gefühl, dass fast alles, was sie online tun, von Werbetreibenden, Technologiefirmen oder anderen Unternehmen getrackt und werblich ausgewertet wird, so eine Studie des Pew Research Center.
"Wenn sich die digitale Werbung nicht weiterentwickelt, um den wachsenden Bedenken der Menschen hinsichtlich ihrer Privatsphäre und der Nutzung ihrer persönlichen Identität Rechnung zu tragen, riskieren wir die Zukunft des freien und offenen Webs." so Temkin.
Natürlich will Google nicht eine seiner Haupteinnahmequellen versiegen lassen - und das ist nunmal die digitale Werbung. Doch die bis jetzt allgegenwärtigen Drittanbieter-Cookies sollen durch alternative Identifikatoren auf Nutzerebene ersetzt werden. Schon seit einer Weile arbeitet Google an einer sogenannten "Privacy Sandbox", die gänzlich neue Funktionen bereitstellt, die die Anonymität der Nutzer schützen und gleichzeitig messbare Ergebnisse für die Werbebranche liefern soll.
Eine dieser neuen Funktionen trägt den Namen FLoC. Mit Hilfe des "Federated Learning of Cohorts", sollen - anders als bei Cookies von Drittanbietern - individuelle Personendaten effektiv aus der Datenerhebung herausgenommen und innerhalb großer anonymer Datenmengen von Nutzern mit gemeinsamen Interessen versteckt werden. Schon im zweiten Quartal soll mit Tests begonnen werden, FLoC-basierte Kohorten innerhalb Chrome und Google Ads bereitzustellen.
In Zukunft wird es also nicht mehr notwendig sein, "relevante Werbung und Monetarisierung zu opfern, um ein privates und sicheres Surferlebnis zu bieten" so Temkin weiter. "Um das Internet offen und zugänglich für alle zu halten, müssen wir alle mehr für den Schutz der Privatsphäre tun - und das bedeutet nicht nur ein Ende der Cookies von Drittanbietern, sondern auch jeglicher Technologie, die dazu verwendet wird, einzelne Personen zu verfolgen, während sie im Internet surfen. Wir setzen uns weiterhin dafür ein, ein lebendiges und offenes Ökosystem zu erhalten, in dem die Menschen auf eine breite Palette werbegestützter Inhalte zugreifen können, im Vertrauen darauf, dass ihre Privatsphäre und ihre Wahlmöglichkeiten respektiert werden. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit anderen in der Branche auf dem Weg in die Zukunft."
Das sind beachtenswerte Ankündigungen von der Mutter aller Suchmaschinen, seit man sich im Oktober 2015 vom Markenslogan "Don't be evil" verabschiedet hat. Vielleicht wird das ja wieder. Zudem sollte das auch das Ende aller Cookie-Banner und der zugrundeliegenden Rechtssprechung sein - der Gesetzgeber kann sich in den nächsten Monaten und Jahren auf jede Menge Arbeit freuen.
Foto: Polina Tankilevitch
04.03.2021
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